Schrei, Königin der Nacht
Thomas Goersch ist in der deutschen Indipendentszene kein
unbeschriebenes Blatt mehr. Nachdem er bereits in einigen deutschen Amateur-
und Indiwerken zu sehen war (Reise nach Agatis, Everlasting Hate), wagt er sich
nun daran selber Filme zu drehen. Sein erstes eigenes Werk ist Schrei, Königin
der Nacht. Doch was kann man sich hier erwarten und kann sich Goersches
Erstling aus dem Einheitsbrei der deutschen Splatterfilme abheben?
Die Geschichte wirkt auf dem Papier sehr simpel. Man sieht
einen Mann auf seinem Weg zur Hinrichtung. Dabei sinniert er über den Sinn des
Lebens. Das war es dann auch schon, denn wirklich mehr muss man in 10 Minuten
auch nicht erzählen. Die Stärke des Films liegt viel mehr in dessen Aufmachung.
Die ersten 3 Minuten lauscht der Zuschauer dem Monologe des Gefangenen (Thomas
Goersch), in welchem er allerlei interessante Themen aufwirft. Wieso leiden so
viele Menschen, während die Politiker das Geld in die eigene Tasche stecken.
Wieso soll man Leben, wenn um einen herum nur Tod und Verderben gedeiht. Was
ist das für eine Welt? Popsternchen wollen berühmt werden, treffen aber keinen
einzigen Ton. Dieses innere Gespräch zwischen dem Gefangenen und dem stummen
Zuschauer landet unweigerlich auf dem Stück Königin der Nacht, aus der Zauberflöte.
Was ist eine Königin der Nacht denn genau? Für den Häftling ist es nicht mehr
als eine Hure, die man ausrotten muss. Nun wird dem Zuschauer auch klar,
weshalb der Inhaftierte gefangen gehalten wird. Er hat Frauen getötet.
Nach den ersten 3 Minuten wechselt der Film nun in die
Egoperspektive und man sieht, unterstützt von Tönen des Herzschlages, wie zwei
Frauen gestalked und bedroht werden. Nun hören wir den Schrei der Königin der
Nacht, wodurch sich der Titel des Films förmlich in den Kopf des Zuschauers
einbrennt. Die Schreie sind die letzten Lebenszeichen der Frauen, die für den
Gefangenen nichts mehr als Befriedigung seiner bösen Triebe sind. Durch eben
jene Herztöne, welche nicht klar zugeordnet werden können, da sie entweder dem
Opfer oder dem Jäger gehören können, erzeugen eine innere Unruhe bei dem
Zuschauer. Er kommt sich vor wie der Voyeur der dem Treiben eines Gestörten
ausgesetzt wird und sich nicht abwenden kann. Nach diesen zwei kranken
Beobachtungen kommt es dann zum Höhepunkt. In seinen Gedanken erinnert sich der
Häftling an seine kranken Taten und kommt so, kurz vor seinem Tod zum letzten
Höhepunkt. Danach wird das Bild schwarz und der Zuschauer lauscht einem Stück
aus der Zauberflöte worüber die Credits laufen. Es ist vollbracht, der Zuschauer
bleibt entsetzt zurück.
Fazit: Schrei, Königin der Nacht ist auf technischer Ebene
grandios geworden. Ein toller Score, gute Schauspieler, die durch ihre Mimik
den Zuschauer sofort in die Handlung ziehen. Gepaart mit den wunderschönen
Aufnahmen, welche zeigen, das Goersch mehr zeigen will als simple Amateurkost
und beweisen, dass er nicht nur als Schauspieler eine gute Figur macht. Für
Fans von deutschen Indipendentfilmen ein ganz klar Geheimtipp. Man darf
gespannt sein, was das nächste Werk von Goersch (Grimms Kinder) zu bieten hat.
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