Das Schwein
Das Schwein, ein Buch von Edward Lee, ist allein schon dadurch interessant, dass man es so nicht im freien Handel sondern nur explizit beim
Verlag erwerben kann, etwas Besonderes. Was steckt dahinter, wieso bekommt man
dieses Werk nicht im freien Handel? Ist es zu brutal? Zu Krank? Genau diese
Fragen schwirren dem interessierten Leser sofort durch den Kopf, sobald er auf
diese Geschichte stößt. Die Presse spricht von einem Buch, welches so krank und
pervers ist wie kaum eins zuvor, aber wird der Roman diesem Ruf auch gerecht?
Leonard ist ein junger, engagierter Filmemacher, der nur
einen Wunsch hat. Er will einen eigenen Film drehen und er glaubt ganz fest
daran, dass er damit seinen Durchbruch schaffen kann. Das Drehbuch steht, das
Equipment hat er auch, lediglich ein wenig Geld für die Kulissen fehlt ihm. Als
er eines Tages einen Mann trifft der ihm einfach so einen privaten Kredit
anbietet, ahnt er nicht, mit wem er sich da eingelassen hat. Die Mafia. Und die
verlangen ihr Geld schneller zurück als Leonard Schnitt rufen kann. Und so
bleibt ihm nichts anderes übrig als seine Schulden abzuarbeiten und damit
beginnt für ihn die Hölle auf Erden und er begibt sich auf einen Weg, der ihm
die tiefsten Abgründe der Menschlichkeit aufzeigt.
Die Geschichte von „Das Schwein“ ist zunächst recht
fesselnd, ist aber recht schnell erzählt. Was dann bleibt ist ein Dauerfeuer an
Perversionen und Abartigkeiten, gemischt mit perfiden sexuellen Fantasien. Von
Nekrophilie, über Zoophilie (also der Sex mit Tieren), bis hin zum Snuff,
bleibt hier kein Thema unberührt, sodass der geneigte Leser sicherlich das eine
oder andere Mal an seine Grenzen kommen wird. Lee schafft es sowohl weibliche
Leser zu schockieren, da viele der sehr explizit beschriebenen Szenen meist an
weiblichen Akteuren vollzogen werden, aber auch das männliche Geschlecht
bekommt hier das eine oder andere Mal ein sehr mulmiges Gefühl im Magen, wenn
beispielsweise zwei Männer auf sehr abseitige und alles andere als normale
Weise mit einander kopulieren. Man wird von Lee förmlich mit abartigen und
kranken Ideen bombardiert, wodurch sich zwar beim Leser eine gewisse Sättigung
einstellen könnte, doch dies umschifft Lee gekonnt, indem er die vierte
Dimension immer wieder durchbricht und den Leser durch humorvolle, fast absurd
wirkende Sprüche direkt anspricht, um ihm so die Schwere der anderen Szenen ein
wenig zu nehmen.
Der Beginn schafft es den Leser sofort in die vorgegebene
Welt zu ziehen. Man fühlt sich als kranker Voyeur, vor dessen Innerem Auge sich
die abartigsten Szenen abspielen und vor denen es keine Flucht gibt. Genau so
wie sich eben auch Leonard hinter der Kamera fühlt, dadurch entsteht eine tiefe
Bindung zwischen Leser und Leonard die beide gefangen genommen werden und mit
jeder Seite hofft der Leser diesem bizarren Spiel aus Gewalt, Sex und Film zu
entkommen, nur um noch weiter in diese Spirale aus Verderben und Tod
hineingezogen zu werden. Zum Ende hin gipfelt das Ganze dann in einem fast
unwirklichen Schluss, der den Leser mit offenem Mund zurück lässt. Dieser wirkt
fast befremdlich, wenn man bedenkt das Lee vorher eine sehr reale Geschichte
gezeichnet hat, man sollte daher sehr offen sein, um auch am Schluss seinen Gefallen
zu finden.
Kreativität kann man Lee daher keinesfalls absprechen. Er
schafft es so viele perverse Szenerien zu zeichnen, dass es immer wieder
spannend ist, was als nächstes auf den Leser einprasseln wird. Die Charaktere
bleiben zwar relativ blass, aber immerhin Leonard, der der Mittelpunkt der
Story ist, wird sehr interessant charakterisiert und besonders dessen Jugend
sorgt schon zu Beginn für sich drehende Mägen beim Leser. Man merkt einfach das
Lee einem hier ein Werk vorsetzen will, was einen so schnell nicht wieder los
lässt und genau das schafft er dann auch. Da das Buch mit seinen 152 Seiten
zudem recht kurz ist, gibt es kaum Platz
für Langeweile. Die Frage die sich jeder Leser schon vor Beginn des Lesens stellen
muss ist, wie viel perverse und kranke Ideen er oder sie aushalten kann und ob
ein Buch welches im Endeffekt nur von der einen zu anderen Abartigkeit springt,
etwas für einen selber ist.
Fazit: Das Schwein ist definitiv kein Buch für jedermann.
Hartgesottene Leser die ihre eigenen Grenzen ausloten wollen, finden hier
sicherlich genau das. Eine recht kurzweilige Geschichte, welche mit einem sehr
interessanten Ende aufwarten kann, gepaart mit ekelhaften und perversen Ideen,
macht das Schwein zu einem Buch, was man so schnell nicht wieder vergessen
wird.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen