Carcinoma
Krebs, eine der schlimmsten Krankheiten, die der Mensch
kennt. Reichlich makaber klingt es, wenn man hört, dass ein Film eben jenes
Thema auf äußerst kontroverse Art und Weise verarbeiten möchte. Als bekannt
wurde das Regisseur A. Doran sich mit Carcinoma auf eben jenen Weg begeben
möchte, wurden sehr schnell Stimmen laut, die dies als geschmacklos und abartig
bezeichneten. Lohnt es sich dennoch dem Film eine Chance zu geben, um selbst zu
sehen, mit welcher Geschichte er aufwartet? Steckt vielleicht sogar eine
Botschaft hinter der geschmacklosen Story?
Dorian lebt mit seiner Freundin ein erfülltes Leben. Er ist
beliebt auf der Arbeit und auch bei den Kolleginnen kommt er gut an. Doch eines
Tages spürt er, dass etwas nicht mit ihm stimmt und so beschließt er, sich
ärztlichen Rat zu holen. Dabei kommt heraus, dass Dorian an Darmkrebs erkrankt
ist und das er schnellstens behandelt werden muss. Nach einer grauenvollen
Nacht im Krankenhaus entlässt er sich selbst und lässt seinem Krebs freien
Lauf, was in einer wahrhaft abartigen Entwicklung endet.
Die Geschichte hört sich auf dem Papier schon abartig genug an,
doch was man dann in fast 90 Minuten von A. Doran und der Crew um die Ohren
geworfen bekommt, bedarf schon einem sehr festen Magen, um das Ende zu
erreichen. Gleich zu Beginn, als man Zeuge einer ärztlichen Untersuchung von
dem, zu dem Zeitpunkt, noch unbekannten Kranken, wird klar, dass der Film keine
Gefangenen nimmt. Man sieht einen aufs Übelste zugerichteten Mann, dessen
Leiden man förmlich auf seinem Gesicht ablesen kann. Doch damit noch nicht
genug, nach der kurzen aber absolut perversen und ekelerregenden Titelsequenz
erfährt man als Zuschauer auch, dass der Kranke bereits länger von seiner
Erkrankung weiß.
Wieso geht ein solcher Mensch nicht zum Arzt? Was hält einen
davon ab? So richtig wird diese Frage im ganzen Film nicht geklärt. Schnell ist
aber auch klar, dass es dem Film überhaupt nicht darum geht, eine Antwort auf
etwaige Fragen zu liefern. Das Hauptaugenmerk liegt hier auf den wirklich
abstoßendsten Szenen, die man seit langem auf der Mattscheibe ertragen musste.
Wo Filme wie Melancholie der Engel und Debris Dokumentar schon weit gingen, da
legt Carcinoma nochmal einige Schippen oben drauf.
Sei es die bereits angesprochene Titelsequenz, in welcher man
einem Finger dabei zuschaut, wie er sich eine riesige Wunde in den Körper reißt
und daran herum spielt. Das dürfte für viele schon zu viel des Guten sein. Oder
aber eine Peitschenszenen, in welcher das Karzinom auf extremste Art und Weise
bearbeitet und dann aufgerissen wird. Hier bleibt nichts unangerührt und selbst
die Leute, die vermeintlich viel aushalten können, dürften hier Grenzen
erreichen, die sie besser nie entdeckt hätten.
Atmosphärisch schafft es der Film in einigen Szenen, den
Terrorfaktor nach oben zu schrauben, wie vorher kein anderer Film des
Regisseurs. Besonders im Krankenhaus, als Dorian seine erste Untersuchung hat, muss
er und der Zuschauer mit ihm einem kranken Bettnachbarn dabei zuschauen wie er seinen
eigenen Kot isst und ihn dabei anschaut, als wäre er der Teufel
höchstpersönlich. Allgemein sind die Szenen im Krankenhaus oftmals sehr
verstörend und jeder der bereits einmal Patient oder Pfleger war, dem werden
dieser Geruch und die Atmosphäre dieses Ortes sofort in die Sinne kommen.
Leider muss man aber auch sagen, dass der Film außer diesen
immer ekelhafter werdenden Szenen, recht wenig Schauwerte besitzt. Die
Geschichte ist zunächst noch recht schlüssig, verliert sich aber schnell in
nichtssagenden Belanglosigkeiten. Immer wieder wird mit verschiedenen Symbolen
versucht, Deutungen vom Zuschauer zu erwecken, aber leider schafft der Film es
dadurch auch nicht eine Aussage zu machen. Erst kurz vor Schluss, als das
Grauen und der Ekel dann vollends den Höhepunkt erreichen, schließt sich der
Kreis, wenn auch nicht wirklich viel sinnvoller und man wird mit einem
schmutzigen Gefühl zurück gelassen, dass wohl so schnell keinen mehr los lassen
wird.
Man mag jetzt sagen, dass viele der Szenen, die einem den
Ekel ins Gesicht treiben, nur gute Effektszenen sind, doch wer Melancholie der
Engel und Co. bereits kennt, der weiß was ihn hier erwartet. Hier wird einfach
so mit voller Kraft geschissen und gekotzt. Körperflüssigkeiten werden mit
einer Ignoranz in das eigene Gesicht geschmiert und mit Blut und Kot wird nur
so um sich geworfen. Auf Grund der Story, die trotz Inhaltsarmut ein Thema
bearbeitet, was einen nicht kalt lassen kann, entsteht eine Atmosphäre die
einem förmlich zum kotzen bringt. Gepaart mit den kranken Szenen, die sich in
die Netzhaut einbrennen, erschafft Doran hier einen unwirklichen und
geschmacklosen Alptraum.
Musikalisch bekommt man Klänge präsentiert, die fast
ausnahmslos unpassend wirken und dadurch das ganze Geschehen in eine noch viel
schmutzigere Szenerie tauchen. Wenn freudige Kinderlinder angestimmt werden und
man anschließend sieht, wie ein Mann im Rennen neben die Kloschlüssel scheißt,
dann ist das wahrlich ein Schock für alle Nervenbahnen. Das Lied, welches
sowohl am Anfang, kurz vor Schluss und nach dem Abspann gesungen wird, ist
sowohl traurig, als auch schockierend. Erneut wird eine freudige Grundstimmung
mit einem Text garniert, der einem einen kalten Schauer den Rücken herunter treibt.
Fazit: Carcinoma ist wohl das abartigste und krankste Stück
Film, welches mit Geschmacklosigkeiten nur so um sich wirft. Jeder muss selber
wissen, ob er sich an dieses Werk herantrauen will oder nicht. Die Machart ist
sehr solide, die Darsteller machen wirklich einen hervorragenden Job, denn wer
bereit ist eine Darmspiegelung mit Nahaufnahme auf den eigenen Hintern zu
drehen, der hat wirklich Mut. Dennoch schafft es die Geschichte nicht zu
fesseln, sodass man sich von einer Ekelszenen zur nächsten hangelt und dabei
den Druck der Erkrankung wie ein Damokles Schwert über einem spürt. Die Bilder
wird man so schnell auf jeden Fall nicht vergessen.
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