The Hateful Eight (70mm Fassung)
Der Meister der Dialoge schlägt wieder zu. Nachdem er
bereits mit Django Unchained einen Ausflug ins Western Genre gemacht hatte,
begibt er sich mit The Hateful Eight nun erneut auf diese Reise. Doch das nur auf den ersten Blick, denn wer
genauer hinschaut erkennt, dass Tarantino mit seinem neusten Streich vielmehr
ein Crossover aus Western und seinem Erstling Reservoir Dogs erschaffen hat.
Aber kann das 3 Stunden Epos auch überzeugen? Oder ist zu ambitioniert und
verzettelt sich dabei? Nach den folgenden Zeilen werdet ihr es wissen!
John „Der Henker“ Ruth ist auf dem Weg nach Red Rock, um das
Kopfgeld für Daisy Domergue einzukassieren. Und wie jeder weiß, wird sie hängen,
denn wenn der Henker dich kriegt henkst du! Auf seiner Tour durch das
verschneite Wyoming, trifft er auf Major Marquis Warren und Chris Mannix, den
zukünftigen Sherriff von Red Rock. Nach anfänglicher Skepsis entschließt er
sich, die beiden mitzunehmen. Auf Grund eines Schneesturms sieht sich die
Truppe veranlasst einen Stop in Minnies Miederwaren einzulegen. Doch sie sollen
nicht die einzigen sein, die dort Rast machen! Im Laden selbst gibt es keine
Spur von Minnie oder ihrem Mann Sweet Dave, dafür warten dort Oswaldo Mobray,
Joe Gage, Senior Bob und General Sandy Smithers auf die vier Neuankömmlinge. So
sind diese acht Fremden nun gefangen in dem Laden und bald schon stellt sich
heraus, dass nicht alle mit offenen Karten spielen!
Die Story von The Hateful Eight liest sich auf dem Papier
grandios. Zumal es Tarantino erneut gelingt, seinen Figuren Leben einzuhauchen.
Jeder hat eine eigene Geschichte, Vergangenheit und seinen ganz eigenen Gründe,
warum er an jenem Tag Minnies Miederwaren besucht. Dabei schafft er es auch,
dass man als Zuschauer immer wieder ins Grübeln gerät, ob denn wirklich alles
stimmt, was die einzelnen Personen so erzählen. Tarantino erschafft somit eine
tolle Parallele zu seinem Erstling Reservoir Dogs, was spätestens dann klar
wird, wenn sich die Geschehnisse nur noch in Minnies Miederwaren abspielen.
Dennoch ist auch genau hier der größte Kritikpunkt zu finden. Die tolle
Einleitung in der Kutsche, als dem Publikum John Ruth, Daisy Domergue, Major
Marquis Warren und Chris Mannix vorgestellt werden, weiß auf Grund der wunderschönen
Szenerien im verschneiten Wyoming gepaart mit der stimmigen Kutschfahrt zu
gefallen. Doch wenn die Truppe nach gut 45-60 Minuten in Minnies Laden ankommt,
werden die Dialoge etwas schwächer und das Erzähltempo stagniert ein wenig.
Erst kurz vor der Pause, welche nur in der 70mm Fassung in den Film integriert
wurde, doch dazu später mehr, zieht der Film merklich an. Eben jene Szene, die
auf Grund von Spoilern nicht näher definiert wird, gehört zweifelsohne zu einem der Highlights
des Films und im Schaffen von Samuel L. Jackson, welcher hier vielleicht eine
seiner besten Darbietungen abliefert! Nach der Intermission zieht der Film dann
merklich an und es gelingt Tarantino ein wahres Feuerwerk abzuliefern. Tolle
Twists und ein grandioses, actionreiches Finale sorgen für Freudentränen bei
Tarantino Fans, welches für die etwas langatmige erste Hälfte
entschädigen.
Die Darsteller selbst sind durch die Bank grandios. Einzig
Samuel L. Jackson muss man besonders hervorheben, da er hier wirklich eine
Glanzleistung abliefert. Eigentlich hätte er dafür einen Oscar verdient, zu
schade, dass das die Academy das anders gesehen hat. Aber auch Kurt Russell,
Michael Madsen, Walton Goggins, Tim Roth und Jennifer Jason Leigh überzeugen
von der ersten Sekunde an. Channing Tatum passt erfreulich gut in den Film und
kann mit einer kurzen Rolle punkten. Leider kann ich bisher nur etwas zur
deutschen Synchronisation sagen, welche in meinen Augen ein wenig über das Ziel
hinaus geschossen ist. Dies wird besonders bei Walton Goggins Charakter des
Chris Mannix deutlich. Es ist einfach ein wenig zu viel, wenn man versucht, den
Südstaaten Akzent in der deutschen Sprache einzufangen. Wie bei allen Tarantino
Filmen, sollte man auch dieses Werk nach Möglichkeit in der Originalfassung
genießen.
Musikalisch passt der tolle Score von Ennio Morricone wie
die Faust aufs Auge. Selten konnte ein Tarantino Werk mit einem solch epochalen
Soundtrack aufwarten und Morricone hat zu Recht dafür einen Globe erhalten
dürfen. Interessanter Weise recycelte
Tarantino dabei einen Track aus dem Score von Der Exorcist 2, welcher gemeinhin
als einer der schlechtesten Filme aller Zeiten gilt. Eben jenes Lied passt aber
grandios zu dem Setting von The Hateful Eight und zeigt erneut, dass Tarantino
einfach immer wieder mit einer grandiosen Auswahl für seine Filme aufwarten
kann. Aber auch die restlichen, neukomponierten Stücke gehen ins Ohr und
definieren das Genre Western perfekt!
Kommen wir nun zu der 70mm Fassung, welche in nur 5 Kinos im
deutschsprachigen Raum zu sehen ist. Diese Fassung wartet zu Beginn mit einer
Overtüre des Scores auf. Für heutige Kinogänger wirkt das schon fast
befremdlich, da man bei geschlossenem Vorhang dem Score lauschen darf. Des
Weiteren profitiert der Film von dem doppelt so großen Bild, da die 70mm im
2:76:1 Format gezeigt wird und somit deutlich mehr Bild zu bieten hat. Das
macht sich besonders in den tollen Naturaufnahmen bemerkbar, aber auch einige
Szenen in Minnies Miederwaren liefern so mehr Information ab. Ein weiteres
Highlight ist die Intermission, welche als Pause fungiert. Nach 20 Minuten
setzt der Film wieder ein und das Publikum bekommt dann eine Art Rückblende
spendiert, in welcher man erfährt, was in den letzten 15 Minuten passiert ist.
Zudem berichtete Tarantino, dass nur in dieser Fassung die Kameraeinstellungen
länger gehen. So wird beispielsweise in einer Szene für 2 Minuten nicht
geschnitten, die reguläre Kinofassung hingegen setzt hier bereits nach 40
Sekunden einen Cut. Tarantino entschied sich dafür, da es auch in den alten
70mm Filmen oftmals lange Einstellungen gab, die aber in der Neuzeit in
Vergessenheit geraten sind, weshalb er sich bei der Kinofassung für einen
schnelleren Schnitt entschied. Eine genaue Aufstellung der einzelnen
Unterschiede liegt bisher nicht vor, welches sich wohl spätestens zum DVD-Release
ändern wird. Fraglich ist allerdings bis heute, ob es die 70mm Fassung jemals
auf eine Heimkino Veröffentlichung schaffen wird. Man kann aber nur hoffen,
dass sich Tarantino dafür entscheiden wird, da der Film einfach für dieses
Format gemacht wurde.
Für Fans von Taratino gibt es zudem einige tolle
Anspielungen. So raucht Minnie beispielsweise den bekannten Red Apple Tabak.
Zudem gibt es einige Anspielungen an den Erstling Reservoir Dogs, welche aus
Spoiler Gründen nicht im Detail beschrieben werden. Darüber hinaus wird erneut
einem Charakter direkt in die Eier geschossen, dies in der englischen
Originalfassung sogar fast mit den gleichen Worten, wie in Inglorious Basterds.
Samuel L. Jackson hat bereits vor Release bestätigt, dass in zwei Szenen,
Anspielungen auf Django Unchained zu finden sind. Zum einen sitzt Major Marquis
Warren zu Beginn auf einem Berg Leichen, sowie einem Sattel. Eben jener Sattel
gehörte ursprünglich Django. In Minnie Miederwaren kann man zudem die Jacke von
Django sehen. Genau diese kleinen Anspielungen sind es, die Tarantino Werke für
Fans immer wieder zu einem Erlebnis machen!
Fazit: The Hateful Eight ist erneut ein grandioses Tarantino
Werk geworden, wenngleich die etwas zähe erste Hälfte für Abzüge in der B-Note
sorgt. Wäre der Film gut 30 Minuten kürzer, hätte sich eben jene Sättigung des
Publikums sicherlich nicht eingestellt und der Fluss wäre angenehmer gewesen.
Die zweite Hälfte weiß allerdings für offene Münder zu sorgen und die cleveren
Twists sind es, weshalb man noch lange über den Film reden wird. Eine grandiose
Cast, ein epochaler Score und tolle Bilder runden das Gesamtpaket ab. Wer
Tarantino mag muss diesen Film gesehen haben, alle anderen sollten definitiv
einen Blick wagen und sich auf einen der wortgewaltigsten Werke der Geschichte
einstellen!
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