Surrealistica Uniferno 1+2
Nachdem seine neusten Werke viel Anklang, nicht nur bei mir,
sondern auch bei anderen Fans des außergewöhnlichen Films gefunden haben, hat
sich der deutsche Arthouse Regisseur Cosmotropia de Xam nun dazu entschlossen
seine Frühwerke neu aufzulegen. Den Anfang dabei macht sein Debütwerk
Surrealistica Uniferno, welches zusammen mit dessen Fortsetzung auf einer DVD
im März erhältlich sein wird. Da es beide Filme schon regulär, in ihrer
Ursprungsfassung zu erwerben gibt, habe ich mich nun daran gemacht beide einmal
näher anzuschauen. Aber können die Filme auch eine solche Macht ausüben, wie es
seine neusten Werke geschafft haben?
Von der ersten Sekunde an merkt man, dass man es hier mit
einem Werk aus der Feder Cosmotropia de Xam zu tun hat. Ein Mund, welcher einen
merkwürdigen, spiegelnden Gegenstand in sich trägt. Wirre Schnitte zucken über
den Bildschirm. Der Zuschauer ist erschlagen und das nach gerade einmal 1
Minute. Gleichzeitig ist da diese Musik, die wie eine meditative Droge auf die
ungeschulten Hörgänge einschlägt. Armbewegungen umschließen den Geist des
Beobachters und nehmen ihn mit in einen Zustand der Leere. Spiegelungen von
Augen sind zu sehen. Eventuell ein Zeichen für eine gespaltene Seele des zum
Mund gehörenden Körpers? Haben wir es hier mit einer, oder mehrere Personen,
bzw. Persönlichkeiten zu tun?
Die Farben verändern sich und alles wirkt unnatürlich und
mystisch. Ein Buch ist zu sehen und eine weibliche Stimme rezitiert sich
wiederholende Wörter. Ein Zauberspruch? Ein Fluch? Aber wer soll nur verflucht
werden, wer ist das Ziel dieser Worte? Der Zuschauer ist ratlos, doch schon
bald zeigt sich, wer darunter leiden muss. Eine weitere Frau wird gezeigt. Doch
auch hier zeigen sich unzählige Spiegelungen von Augen. Hat sich vielleicht die
gespaltene Persönlichkeit der anderen Frau auf sie übertragen? Wie sich zeigt,
scheint sie das Opfer des Zaubers zu sein. Nun trägt ihr Mund diesen
merkwürdigen Gegenstand und er scheint Besitz von ihr und ihrer Seele zu
ergreifen.
Plötzlich fallen Perlen aus ihrem geöffneten Mund. Entflieht
nun ihre Seele? Ist sie der bösen Seite ausgeliefert? Und warum zeigt sich die
erste Frau nicht mehr? Hat sie Angst vor dem Wesen, was sie erschaffen hat?
Eine mystische Verwandlung beginnt und die Frau bewegt sich in verschlingenden
Bewegungen, die den Zuschauer immer weiter in ihren Bann ziehen und ihn nicht
mehr los lassen. Der Kampf ist verloren. Und alles endet in dem Ende des Seins
und des Lebens. Die Seele explodiert und alles ist zu Ende.
Der zweite Teil setzt nun genau dort an. Nachdem die Seele
am Ende des ersten Teils explodiert ist, beginnt sie nun zu wandern. Die gute
Hexe scheint gefangen in einer Welt, die ihr offen steht, von welcher sie
allerdings ohne Seele nicht weg kommt. Verschlossene Türen soweit das Auge
reicht, keine Tür lässt sich öffnen. Doch was symbolisiert die Tür denn genau?
Wieso hat das Logo dieser beiden Filme das Aussehen eines kryptischen, fast
altertümlich wirkenden Schlüsselloches einer längst vergangen Zeit. Wohin
führen die Türen eigentlich? Ist der Film der Schlüssel? Sind die Türen
Hindernisse die es, sowohl für die Hauptdarstellerin, wie für den Beobachter zu
überwinden gilt?
Verzweifelt läuft sie durch einen Bahnhof, dass Holocaust
Denkmal ist zu sehen. Gefangen in einem Labyrinth aus dem es kein Entrinnen gibt.
Sie ist allein, doch in ihrer größten Not kommt ihr eine Nonne zur Hilfe, die
mit ihr zusammen einen Weg heraus aus der Gefangenschaft sucht, die sie
ansonsten noch in den Wahnsinn treiben würde. So beginnt eine Reise für beide,
die nicht nur für die Darsteller zu einer Herausforderung wird.
Über Cosmotropia de Xam Werke zu schreiben, bedeutet
gleichzeitig sich von allem frei zu machen und seine eigenen Gedanken freien
Lauf zu lassen. Die normalen Restriktionen einer Review greifen hier nicht,
denn es handelt sich hier auch nicht um einen ganz normalen Film. Interessant
ist, dass Teil 2, direkt an den Vorgänger anknüpft und man den Fehler tunlichst
vermeiden sollte, beide getrennt zu sichten. Wenn man nämlich das Ende von Teil
1 für sich nimmt, weiß man bei weitem nicht, was es einem sagen möchte und auch
andere Verknüpfungen werden erst nach dem Abspann von Teil 2 wirklich klar. Es
ist wie Ying und Yang, ein Kreis der sich schließt, ein Werk das aus zwei
Teilen besteht, die getrennt so unvollkommen sind, dass man den Genuss nicht
wirklich auskosten kann.
Wo in Teil 1 die Bilder noch recht entspannt und fast
hypnotisierend sind, dann aber in einem Knall gipfeln, da bietet der Nachfolger
ein gänzlich anderes Bild. Hier wird man mit schnellen Schnitten bombardiert,
manchmal sieht man eine Szene erst normal ablaufen, dann wieder rückwärts.
Spiegelbildlich für die Zerrissenheit der beiden Charaktere in Teil 1, tritt in
Teil 2 die Rastlosigkeit und Verzweiflung der guten Hexe in den Vordergrund.
Sie kann überall hin gehen und doch kommt sie niemals an, denn Mächte halten
sie zurück oder ziehen sie immer wieder an den Ursprungsort zurück.
Musikalisch sieht es da ganz ähnlich aus, denn im ersten
Teil bekommt man einen wilden Hippie Industrial Mix vorgeworfen, welcher das
Bild der zwei Seelen in einem Körpr erneut verdeutlicht. Zum einen fühlt man
sich verloren in Zeit und Raum, erreicht einen Zustand der kompletten Ruhe und
der Erleichterung, nur um wenig später mit harten Klängen unsanft aus dieser
Ebene der Freiheit herausgerissen zu werden. Teil 2 hingegen wirkt sehr
unruhig, gleichzeitig aber auch immer wieder entspannt und tranceartig in
seinen verwendeten Sounds. Die Rastlosigkeit der Seele und des Körpers wird
erneut hervorragend unterstrichen und begleitet.
Die Kryptik hingegen ist in beiden Werken absolut gleich.
Man versteht den Film beim ersten Sehen definitiv nicht. Teil 1 ist da sogar
noch deutlich schwerer zu „lesen“ als der Nachfolger. Hier merkt man zwar, dass
Cosmotropia de Xam etwas aussagekräftiger geworden ist, seinen ganz eigenen
Stil erkennt man aber immer noch. Zudem scheint Surrealistica Uniferno 2 der
indirekte Vorgänger zu Diabolique (Review) zu sein. Viele Orte und Punkte auf
der Reise der verlorenen Seele wird der interessierte Zuschauer auch in
Diabolique wieder erkennen. Und als kleiner Tipp an dieser Stelle muss gesagt
werden, dass man seinen Blick besonders in Teil 2 nicht immer nur auf den
Darstellern im Vordergrund fixieren sollte, denn im Hintergrund sind oft Sachen
zu sehen, die für den Gesamtkontext unerlässlich sind und nicht verpasst werden
sollten.
Fazit: Surrealistica Uniferno 1+2 sind zwei außergewöhnliche
Werke aus der Feder eines außergewöhnlichen Regisseurs geworden. Kryptisch,
verzaubernd und einzigartig. Audiovisuell bekommt man bei dieser Reise des
Körpers und der Seele wieder einmal etwas geboten, wozu wohl nur Cosmotropia de
Xam fähig ist. Nach Teil 1 wird man leer zurück gelassen, nur um im zweiten
Teil dann wieder den Weg zurück in die Welt zu finden und am Ende dann doch so
kraftlos zurück zu bleiben, weil man von diesem Audiovisuellen Angriff einfach
erledigt ist. Für Fans des Regisseurs und alle die, die es noch werden wollen
eine absolute Empfehlung.
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