Mighty No. 9
Ach
was war das für eine schöne Kindheit. Morgens aufstehen, ganz leise
zum Fernseher schleichen, das NES starten und mit Mega Man die Welt
retten. Ja das waren wahrlich noch tolle Momente. Umso erfreulicher
war es, als Mega Man Erfinder Keji Inafune via Kickstarter
verkündete, dass er ein nagelneues Spiel ganz im Stile von Mega Man
kreieren wolle. Natürlich mit der Unterstützung der Fans, was ja im
Prinzip keine schlechte Idee ist. So kam es immerhin dazu, dass fast
jede Plattform das neuste Machwerk namens Might No. 9 spielen darf.
Freitag ist es nun endlich offiziell soweit und ich durfte bereits
ein paar Tage vorher mit der PS4 Version verbringen. Hat sich das
lange Warten gelohnt, oder enttäuscht Mighty No. 9 die Mega Man
Fans?
Ein
Virus hat alle Roboter mit Ausnahme von Beck, aka Mighty No. 9, zu
bösartigen Wesen gemacht. Nun ist es an Beck, die Roboter wieder zur
Besinnung zu bringen und so kämpft er sich durch die Stages und
versucht seine Freunde zu retten.
Die
Story kann man sich gelinde gesagt auch direkt sparen. Aber hey ein
Mega Man lebte ja schließlich auch nie von seiner Geschichte.
Stattdessen überzeugten diese Games durch ihre tollen Level Designs,
die coolen Bosse und deren interessanten Spezialfähigkeiten. All das
enthält auch Mighty No. 9, allerdings eben nicht auf dem selben
Niveau, wie die Klassiker.
Da
wären zum einen die Stages, welche allesamt sehr einfallslos
daherkommen und nie wie zusammenhängende Level, sondern vielmehr wie
eine Vielzahl von verschiedenen Korridoren wirken. Ein schönes
Beispiel dafür ist Stage 2, die mit einem riesigen Wasser Abschnitt
aufwartet, welchen man allerdings mit dem Dash komplett umgehen kann.
Später wechselt es dann noch zu einem Eis Abschnitt, in welchem man
zwei Pong-ähnliche Schläger bekämpft, während der Stage Boss
einen versucht einzufrieren. So richtig Sinn ergeben will das nicht,
aber nun gut, dass ist längst nicht das Schlimmste. Denn wenn man
dann zum Boss kommt macht sich das größte Problem von Mighty No. 9
bemerkbar. Es ist einfach nur unfair. Und ich möchte hier erneut
betonen, dass ich die alten Mega Man Teile, sowie die zwei neueren
Teile und die X-Reihe gespielt, geliebt und gemeistert habe. Die
Spiele lebten von ihrem knackigen Schwierigkeitsgrad und auch sie
hatten Instantdeath Momente, allerdings niemals bei den Bossen und
genau das macht Mighty No. 9. So ist es dem Boss der zweiten Stage
beispielsweise möglich Beck einzufrieren und dann mit einem
Sturzmanöver in einem Hit zu töten. Man hat nur die Möglichkeit
mit schnellem hin- und herwackeln des Digikreuzes, bzw. des Sticks,
sowie drücken der X-Taste (PS4) diesem zu entkommen. Allerdings hat
dies bei mir von 30 Versuchen nur ein paar Mal funktioniert, was
nicht nur zu Wutanfällen und kaputten Kontrollern führen kann,
sondern auch zum Verlust des Spielspaßes. Auch die einzelnen Levels
haben solche unfairen Stellen, die unpassend und nervig wirken. Ein
Beispiel dafür wäre die Stage von Mighty No. 1, in welchem man über
Abgründe dashen muss und gleichzeitig mit fallenden Säulen zu
kämpfen hat, welche einen natürlich auch sofort töten. Dazu kommt
ein weiteres Problem des Games, die ungleiche Framerate, welche in
solchen Momenten den Spielspaß weiter trübt. Als wäre es nicht
ohnehin schon schwer genug diese Geschlicklichkeitspassagen zu
überstehen, nein wenn die Framerate von 60 Bildern auf 50, dann 40
und vielleicht sogar noch darunter fällt und man verzweifelt
versucht allen möglichen Sachen auszuweichen, dann ist man nicht nur
einmal kurz davor den Kontroller auf den Boden zu schmettern. Solche
Momente wiederholen sich leider sehr oft, sodass fast jedes Level
nicht schwer, sondern unfair wirkt und man sich wahrlich dazu zwingen
muss nicht zu verzweifeln.
Auch
andere Spiele haben zuletzt gezeigt, dass es Spaß machen kann mit
schweren Aufgaben konfrontiert zu werden. Ein gutes Beispiel dafür
ist die Dark Souls Reihe, welche dem Spieler wirklich alles
abverlangt, dabei aber immer fair bleibt und genau das tut Mighty No.
9 in meinen Augen eben nicht. Schließlich weiß ich wie eine
Aufgabe, eine Stage oder einen Boss besiegt werden will, allerdings
hindert mich das Gameplay daran dies so umzusetzen und das führt zur
Verzweiflung.
Ein
großes Highlight bei den Mega Man Games war es auch, sich die
Fähigkeiten der anderen Roboter anzueignen und damit Gegner
effektiver zu killen, dies sogar bei den anderen Bossen. All das
fehlt bei Mighty No. 9 fast komplett. Manche Spezialfähigkeiten
werden für die Stages gebraucht, um beispielsweise Hindernisse zu
zerstören, die Beck mit seinem Laser nicht zerstören kann. Andere
Fähigkeiten sind in dem eigentlichen Level wiederum viel zu stark,
wie der Eisstrahl von Mighty No. 2. Damit kann man zudem den Dash
Zeitraum von Beck verlängern. Dieser ist dafür da, um Gegner zu
absorbieren und dies muss innerhalb von einem sehr geringen Zeitraum
geschehen. Der Eisstrahl verlängert diesen Zeitraum auf das
Fünffache, wodurch 100% Absorbtionen fast schon zum Kinderspiel
werden. Bei den Bossen funktioniert dies aber nicht. Was einem die
Absorbtionen bringen sollen wollt ihr wissen? Dadurch kann man seinen
Blaster eigentlich verstärken, allerdings fällt immer wieder auf,
dass der Standardblaster eigentlich der Stärkste ist und eine
Verbesserung eher Nachteile mit sich bringt. Gerade bei den Bossen
fällt dies auf. Sodass man diese eigentlich durch die Bank am Besten
mit dem Standardblaster besiegen kann. Um sie aber zu besiegen, muss
man sie so lange beschießen, bis man sie absorbieren kann, dies muss
man dann ca. 3-4 Mal wiederholen und erst dann sind sie besiegt.
Nach
den ersten 8 Boss Leveln kommen noch 3 weitere hinzu. Eines davon
steckt den Spieler in die Rolle von Call, dem weiblichen Roboter.
Diese kann zwar hoovern, dafür aber weder mit dem Dash Gegner
absorbieren, noch mehr als einen Schuss auf einmal mit ihrem Blaster
abfeuern. Das Level selbst ist zudem sehr kurz. Der Boss dann
eigentlich schon eine Unverschämtheit, da man diesen nicht mit den
eigenen Waffen besiegen kann, bzw. dies ewig dauert und stattdessen
hoffen muss, dass die richtigen Gegner vom Himmel fallen, welche dem
Boss schaden. Die anderen Zwei Endlevel ziehen dann nochmals im
Vergleich zu den Mighty Stages an. Im ersten muss Beck fast alle
seine Spezialfähigkeiten benutzen, um weiter zu kommen und gegen
gleich drei Bosse kämpfen. Die finale Stage ist dann nicht besonders
einfallsreich, dafür aber an manchen Stellen etwas nervig, da man
virusähnliche Wesen zerstören muss, die aber immer nachwachsen,
solang sie an einem anderen Wesen anschließen. Der Endgegner hat
zwei Phasen und beide sind mit etwas Übung gut machbar. Da waren die
Mightys deutlich nervig, auf Grund ihrer Instantkills.
Wer
sich die Disc gekauft hat, bekommt zudem noch einen DLC dazu, in
welchem man gegen Ray antreten muss. Ray selbst kann dabei einzig mit
dem Blaster bekämpft werden. Die Stage ist allerdings eine
Unverschämtheit, da man jede Sekunde merkt, dass diese Stage schnell
und ohne Liebe erstellt wurde. Zudem ist sie extrem kurz. Dafür kann
man danach mit Ray selbst das gesamte Spiel bestreiten. Ray spielt
sich deutlich aggressiver und ändert das Spiel ein wenig. Ob es aber
die 10€ extra wert ist, muss jeder selbst wissen.
Das
Bossdesign und deren Verhalten bzw. Angriffe sind definitiv cool
geworden und zählen zu den wenigen Highlights des Games. Die Stages
selbst sind wie erwähnt eher schwach. Auch die Grafik wirkt eher
einfallslos, was besonders bei den Hintergründen auffällt und auch
die Standard Gegner wissen nicht zu überzeugen. Auch die Musik
bleibt nicht im Ohr und kein Track dürfte sich in den Gehörgängen
der Fans verankern, wie es die klassischen Mega Man Themes getan
haben. Lobend erwähnen kann man noch den Ex-Modus, in welchem man
eine Vielzahl von Challenges gestellt bekommt und dies mit
verschiedenen Einschränkungen, wie Beispielsweise keine Nutzung des
Dashes oder des Angriffes, schaffen muss. Diese Aufgaben werden aber
erst mit Abschluss der einzelnen Stages weiter freigeschaltet. Einen
Online Modus soll es auch geben, diesen konnte ich leider nicht
testen.
Fazit:
Mighty No. 9 hätte so toll werden können. Es stammt aus der Feder
von Keji Inafune, dem Schöpfer von Mega Man, der eine ganze Generation
mit schweren Games begeistern konnte, dabei aber nie unfair war.
Genau daran scheitert Mighty No. 9. Die Levels enthalten unfaire
Stellen, die einen zur Verzweiflung bringen, die Bosse können einen
mit einem Schlag besiegen, wenngleich sie auch normale Angriffe
haben, die Sonderwaffen sind eigentlich so gut wie nutzlos, der Score
bleibt nicht hängen und die Grafik enttäuscht. Der Ex-Modus, samt
Challenges bringt immerhin ein wenig Abwechslung in das Ganze. Wer
ein Mega Man Spiel erwartet wird enttäuscht, Leute die eine sehr
hohe Frustresistenz haben, gleichzeitig einen soliden Plattformer
suchen, können einen Blick wagen, sollten aber nicht zu viel
erwarten.
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