EL GORES
SNUFF TAPE ANTHOLOGY
„no brain - more pain“
Von Stephan Ortlepp
Ich erinnere mich noch sehr gut an die 2000er-Zeit. Die VHS stand schon mit einem Bein im Grab, DVDs waren das Maß der Dinge. Händler und Videotheken rüsteten schlagartig um und Sammler und Filmfreaks standen vor einem unumstößlichen Upgrade ihres Heimkino-Systems. Zu dieser Zeit machte in meiner kleinen (sehr, sehr kleinen) Film-Community im Thüringer Wald ein Film die Runde, der stellvertretend für die gesamte Filmwelt, uns Horrorfans spaltete. AUGUST UNDERGROUND. Ein „real-wirkender“ Snuff-Film, gedreht von ein paar Jugendlichen die, sich ihrer Langeweile überdrüßig, zur Handkamera griffen und ihre Verbrechen, Folterungen und sadistischen Morde auf Band festhielten. Und das alles in einem absolut realistisch-wirkendem Home-Video-Look. Die Leute waren schockiert und neugierig. AUGUST UNDERGROUND trat mit Anlauf eine Tür zu einem neuen Subgenre ein und in den letzten 15 Jahren zogen einige Filme in dieser Machart nach. Viele davon bedarf es keinerlei großer Worte…Erst 2011 kam ein neuer Impuls in dieses verrufene Segment. Die SNUFF TAPE Filme von El Gore und seiner Crew von Grindhouse Films.
In den, zwischen 5 und 25 minütigen Kurzfilmen wird beinah jedes ekelerregende Gewaltverbrechen an den Opfern vollzogen, die einem in den Sinn kommen oder auch nicht. Denn auch Darstellungen jenseits des Vorstellbaren legen die Messlatte in Sachen Gewalt enorm hoch und dienen den SNUFF TAPE- Filmen merklich als Visitenkarte. Den Gore-Fan freut es, den Jugendschützern bereitet es schlaflose Nächte. Dennoch ist unbestreitbar, dass die Leidenschaft aller Beteiligten diese Filme erst zu dem machten, was sie heute sind: frenetisch umjubelter underground Kult!
Zu Beginn als Trilogie geplant sind es nunmehr neun Teile, die sich im primitivsten Bereich der Gore-Unterhaltung total ausleben können. Keine Dialoge, keine Story. Einfach nur ein Sammelsurium an Sadismus und Gewalt, welche untermalt werden mit Grindcore-Gebolze (Megascharf: Analfistfuckers und Kadaverficker), verzerrt glutoralem Gegrunze und schneidenden Distortion-Gitarren. SNUFF TAPE ist aber mehr als hohle Unterhaltung. Vielmehr bedient diese Serie jedes Klischee so plakativ und mit Selbstironie, dass die gezeigten ekelerregenden Tabu-Brüche sehr entschärft werden, ohne an ihrer Härte einzusparen. El Gore und seinen Grindhouse-Jüngern gelang dieser Spagat spielend in allen Teilen und das ist schon sehr beachtlich.
Beachtlich ist auch, dass das ehrwürdige Label Black Lava Entertainment eine ultimative Anthologie der SNUFF TAPE-Serie veröffentlicht hat und gewaltig eine Schippe in Sachen Qualität drauflegen konnte. Das Label-erste Digipak im Formvollendete Design, lässt keinerlei Wünsche offen. Tonnenweise Bonus (Making of, Trailer und Soundtrack der gesamten Serie auf CD) runden diesen Blutboliden ab. Alles in allem ein absolut würdiges Release und der krönende und endgültige Abschluss einer „Erfolgs-Geschichte“.
Grindhouse Films und Black Lava Entertainment. Das Dreamteam expliziter Unterhaltung. Schläge in die Magengrube und Balsam für die Seele. Weiter so!
Im Rahmen einer, für den deutschen Amateursektor groß angelegten Promoaktion (Guerilla Marketing im Social Network) konnte ich mit Grindhouse - Mastermind EL Gore ein wenig Plaudern über den Blut-Gott und die Welt. Viel Vergnügen.
S. Ortlepp: Seit nunmehr 6 Jahren gab es in regelmäßigen Abständen neue Snuff Tape Teile von dir und deiner Crew. Nebenbei habt ihr auch schon einige Full-length Filme veröffentlicht und euch im deutschsprachigen Raum einen ordentlichen Ruf und eine enorme Fanbase erarbeitet. Wie waren die letzten Jahre für Grindhouse Films?
EL Gore: „Seit 2013 ging das alles sehr schnell. Grindhouse Films gibt es ja seit
2010. Damals habe ich Grindhouse zusammen mit meinem Bruder und
ein paar Freunden gegründet. Die ersten drei Jahre fristeten wir ein
eher unbekanntes dasein. Durch Zufall wurden unsere Filme Ghouls
Night Out 1 und 2 auf einmal bekannt, was uns ja auch einen Vertrag
mit Black Lava Entertainment einbrachte. Seit 2013 hat Black Lava
jedes Jahr mindestens 1 Release von uns gebracht. Die Snuff Tape
Anthology ist unser mittlerweile viertes Release bei Black Lava
Entertainment, was mich natürlich sehr freut, weil ich zum einen das
Label sehr schätze und zum anderen eine mittlerweile sehr enge
Freundschaft mit Thomas Binder, dem CEO von BLE pflege.“
S.Ortlepp: Was bedeutet für dich Gewalt und Tabu-Grenzen im Film?
EL Gore: „Also ich persönlich bin ein riesen Horror/Gore & Splatter Fan. Da gehört Gewalt natürlich dazu. Ich finde im Film (rein fiktiv gesehen) sollte es keine Grenzen geben, dafür sind Filme schließlich da. In Filmen darf man ruhig Grenzen überschreiten, die man im echten Leben natürlich nicht darf,kann und vor allem sollte.
S. Ortlepp: Worin lag dein ursprünglicher Gedanke für die Snuff Tape Filme?
EL Gore: „In erster Linie reine Unterhaltung. Die Teile sollten bewusst stumpf,
überzogen und asozial wirken. Für mich als Gore-Fan war es ein
Anliegen einfach mal auf eine grössere Story usw. zu verzichten und
einfach auf die Kacke zu hauen. Trotz der ganzen perversen Brutalität
sind die Teile mit einem Augenzwinkern entstanden. Sie sind
so überzogen, dass man sie einfach nicht zu ernst nehmen sollte.
Anfänglich war es ja wirklich nur als Trilogie gedacht mit den Teilen
Red, Red & Yellow und Dead, Red & Brown. Ende des Jahre 2014
kamen mir jedoch noch ein paar Ideen, die ich einfach umsetzten
wollte, also hab ich die Reihe um 5 weitere Teile erweitert.Natürlich
wollte ich die Perversität nochmals steigern und noch eine Schippe, im
Vergleich zu der ursprünglichen Trilogie drauflegen. Ich denke das ist
uns ganz gut gelungen und haben vor allem mit Teil 7 einen krönenden
Abschluss gefunden. Mein besonderer Dank gilt an dieser Stelle auch
Isabelle Fitzgerald und Tom Heidenberg, ohne die ich, diesen recht
extremen Film, nie hätte umsetzten können.
Die Snuff Tape Reihe ist aber zu 100% abgeschlossen, es wird definitiv
keinen weiteren Teil geben, versprochen :)“
S. Ortlepp: Es gab 2008 ein Gruppe Jugendlicher in der Ukraine, die aus Langeweile ihre Morde mit ihrer Handykamera aufnahmen (3 Guys 1 Hammer) und damit zu „Internet-Berühmtheiten“ wurden, bis sie zu jeweils 60 Jahren Haftstrafe verurteilt wurden. Wie weit hast du dich von solchen realen „Snuff-Film“ Taten beeinflussen lassen?
EL Gore: „Besagtes Video kenne ich natürlich, auch muss ich eingestehen, dass ich Fan und Sammler von Shockumentary´s bin. Allerdings wurde ich weniger von echten Taten beeinflusst. Ich kann auch reale Gewalt in so einem Ausmaß nicht gutheißen. Viel mehr haben mich verschiedne „Fake-Snuff“ Filme wie z.B. Last House on Dead End Street, die ersten beiden Guinea Pig Teile, die August Underground Trilogie, Snuff 102,Muzan-E oder Niku Daruma (Tumbling Doll of Flesh) beeinflusst. Teil 3 z.B. ist meine persönliche Hommage an meine Lieblingsmusik den Gore und Porngrind. Ich habe sehr viele bildliche Anspielungen an Bands gemacht wie z.B. Necro Tampon, Vaginal Chainsaw Masturbation, Vaginal Incest, Kadaverficker, Toilet Brush Fisting, Skull Fucked, Torsofuck usw…Kenner sehen das bestimmt:)“
S. Ortlepp: Was bedeutet für dich „Snuff“? Immerhin ist dieser Begriff eher ein Mysterium als ein reales Genre…oder siehst du es als letzten fiktionalen Rahmen (Stichwort: Mondo), um die Grenzen und Taubzonen auszuloten, was du zweifellos mit deinen Filmen tust.
EL Gore: „Für mich steht das Wort „Snuff“ im filmischen Zusammenhang eher
für die Darstellung real wirkender Tötungen mit teilweise sexuellen
Handlungen an den Opfern. Ich fand den Titel einfach passend, da die
Filme ja im Endeffekt ein Aneinanderreihung von Grausamkeiten und
Perversitäten, ohne grosses drumherum darstellen. „Snuff“ ist
mittlerweile ein sehr bekannter Begriff bei dem man sich denken kann
was einen erwartet.“
S. Ortlepp: Musstest du dich schonmal für deine Filme rechtlich verantworten?
EL Gore: „Lustiger Weise sogar wegen der Ghouls Night Out Trilogie., die ja doch
noch vergleichsweise harmlos ist. Ich wurde anonym angezeigt.
Wie ja die meisten wahrscheinlich wissen, geht es in den
Teilen 2 und 3 um einen ehemaligen Nazi Wissenschaftler namens Dr.
Rotten der zu einem Zombie mutiert und ein paar Freunden ihre
Filmabende versaut. Ich bekam eine Anklage wegen tragen von
Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen.
Neben der Kripo hatte ich auch den Verfassungsschutz am Hals. Nach
prüfen von Bildmaterial usw. kamen die Damen und Herren dann doch
zu dem Entschluss, dass es keine Verherrlichung darstellt. Trotzdem
bekam ich eine Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu je 30 ,-€.
Ich dachte immer wenn es mich mal erwischt, dann wegen
Filmen wie Paraphilia oder der Snuff Tape Reihe, die ja sehr explizit,
krank und brutal sind. So kann man sich irren, aber in Deutschland
ticken die Uhren bekanntlich noch etwas anders :)“
S. Ortlepp: Es macht für mich den Anschein, als sei im Moment im Süden der Republik eine neue Amateurfilm Generation am aufleben. Die Filme von Grindhouse als Sperrspitze genannt. Aber auch Filme wie: Big Foot, Der Henker oder auch das schwäbische Sägewerkmassaker scheinen die deutschen Gorehounds mehr als nur zu befriedigen. Es wirkt stellenweise wie ein Kult. Wie siehst du das?
EL Gore: „Es ist schön zu sehen, dass in letzter Zeit wieder vermehrt gute
Underground Filme aus Deutschland kommen. Ich persönlich habe
Filme wie Der Henker 1 und 2, Bigfoot und das schwäbische
Sägewerkmassaker total gefeiert. Hier bei uns im Süden hat sich
tatsächlich eine kleine Szene entwickelt mit Regisseuren wie Jochen
Stephan, EL Excremento und Madman Marv, die auch allesamt sehr
gute Freunde von mir sind. Ich hoffe natürlich das in der Zukunft noch
mehr Filme aus unserer Region auf die Menschheit losgelassen
werden.“
S. Ortlepp: Wo liegen deine filmischen Wurzeln? Wer/ was beeinflusst deine Arbeiten?
EL Gore: „Ich versuche natürlich in erster Linie meinen eignen Stil zu
etablieren. Ich denke das sieht man auch jedem Grindhouse Film an.
Unterbewusst haben mich natürlich diverse Filmemacher beeinflusst.
Diese reichen von Fulci, Argento und Bava über Buttgereit, Schnaas,
Ittenbach bis hin zu Marian Dora.“
S. Ortlepp: Was wird in Zukunft von Grindhouse Films auf uns zu kommen?
EL Gore: „Seit August 2015 arbeiten wir an unserem nächsten Film „Would you
go to hell for me? Das wir auch ernstzunehmende Spielfilme machen
können haben wir, denke ich, bereits mit Isolation - Hinter verzerrten
Gedanken bewiesen. Wygthfm? wird da aber sogar noch eine Spur
ernster und auch technisch besser ausfallen. Ich würde den Film als
Beziehungsdrama mit Torture Porn Einflüssen und einem
surrealistischen Touch einstufen. Ein von den beiden Schauspielern
Isabelle Fitzgerald und Christian Fryska ausgetragenes Kammerspiel.
Zu Handlung möchte ich nicht zuviel verraten, nur soviel das es kein
typischer 08/15 Wald und Wiesen Amateurfilm sein wird und auch die
Gore- Fans wieder auf ihre Kosten kommen. Would you go to hell for
me? ist als Vorgängerfilm zu dem für 2017 geplanten Rape/Revenge
Dämonensplatterfilm „Something Evil“ gedacht, aber der Film
funktioniert jedoch auch völlig eigenständig. Wir hoffen das er bis
Ende diesen Jahres erscheinen wird.“
S. Ortlepp: Ich bedanke mich sehr für deine Zeit und freue mich, bald wieder einen neuen Film aus eurer Schmiede schauen zu dürfen.
EL Gore: „Ich bedanke mich für das Interview, hat Spass gemacht. An dieser
Stelle noch mal ein fettes Danke an alle Grindhouse Films Fans für die
tolle Unterstützung die ganzen Jahre über und wir hoffen euch bald
„Would you go to hell for me? präsentieren zu dürfen.“
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen