Montag, 21. November 2016

TEARS OF EROS 
Im Gespräch mit Marcus Stiglegger zum Score  zu Julia Ostertags DARK CIRCUS

Von Stephan Ortlepp







Hallo, Marcus. Danke, dass du dir die Zeit für uns genommen hast für dieses Interview. Du bist als umtriebiger Mensch bekannt. Autor, filmwissenschaftlicher Kommentator, Kolumnist und Musiker sind nur ein paar der Felder, die du bisher bearbeitet hattest. Mit deinem Album TEARS OF EROS hast du einen Score für Julia Ostertags DARK CIRCUS komponiert. Was waren deine Beweggründe dafür?

Ich habe in den letzten Jahren immer wieder Musik und Sounds für Kurzfilme komponiert, und als Cinephiler ist es natürlich ein Traum, einen ganzen Spielfilm mit Musik zu untermalen. Umso mehr freute es mich, als Julia Ostertag, die ich seit Jahren kenne, mich fragte, ob das bei DARK CIRCUS ginge. Ich kannte ihre Filme und wusste, dass ich den apokalyptischen Ton gut treffen würde. Auch inspirierte mich der stark sexuelle und fetischistische Unterton des Films. Ich schickte ihr also Stücke, die ich als passend empfand und wir waren sehr zufrieden, wie diese mit den ersten Aufnahmen harmonierten. Später schickte mir Julia fertige Sequenzen, die ich dann gezielt untermalte. Insgesamt entstand so über 60 Minuten neue Musik und einige Remixe älterer Stücke. Das Album bietet ca. 90 % der im Film verwendeten Musik. Mein Ziel war mit dem Album allerdings, eine ganz eigene Atmosphäre zu erzeugen. Daher auch der neue Titel – inspiriert von George Batailles Buch ‚Tränen des Eros‘. Man kann die Musik auch außerhalb des Films genießen.


Was bedeutet dir Musik? (Nicht speziell in Verbindung mit Filmen) 

Musik ist eine extrem intuitive und emotionale Ausdrucksform für mich, in der ich all jene Themen verarbeiten kann, die mich neben meiner Arbeit sonst beschäftigen. Im Grunde höre ich permanent Musik wenn möglich, und manchmal wächst das Bedürfnis, selbst welche zu erschaffen. Ich versuche genau die Musik zu komponieren, die ich selbst auch hören will. Das ist ein wichtiger Aspekt meiner Persönlichkeit geworden. Früher habe ich das als DJ in Gothic- und Alternative-Clubs ausgelebt.


Wie nimmst du Filme und Musik wahr? Glimmt in deinem Herzen noch der euphorische Fan-Gedanke?

Ich denke, das fließt nahtlos zusammen. Ich sehe Filme und höre Musik mit der verletzlichen Offenheit des Fans, denn nur so kann sich deren volle Kraft entfalten. Musik und Film erzeugen von jeher starke Emotionen in mir, und ohne diese Inspiration wäre mein Leben sicher erheblich ärmer…


Wird es zukünftig weitere Filmmusiken von VORTEX bzw. Dir geben? Wenn ja, welche?

Nächstes Jahr wird ein Science-Fiction-Film mit dem Titel DAS LETZTE LAND herauskommen, der Drones von Vortex enthält. Und natürlich bin ich auch zukünftig dafür offen. Allerdings hat das nächste Vortex-Album ‚The Fall of the Gods‘ definitiv Vorrang. Es wird ein ganz eigenständiger Soundtrack zum Untergang sein.


Wie war deine Herangehensweise an dieses Projekt? Wie hast du es technisch umgesetzt? Wer hat dich dabei unterstützt?

Während mein früheres Projekt :Golgatha: und meine aktuelle Band MARS wirklich als Band-Zusammenspiel funktionieren, ist Vortex ein von mir verantwortetes und produziertes Musikprojekt, bei dem ich allerdings mit einigen GastmusikerInnen zusammenarbeite. Ich bin stets bemüht, meine Sounds akustisch zu erzeugen und erst danach elektronisch zu verarbeiten. Daher brauche ich immer wieder Gitarre, Bratsche, Geige etc. Während ich Percussions und Maultrommel, Flöte und Stimme meist selbst beisteuere, bekomme ich u.a. freundschaftliche Unterstützung von Oliver (MARS), Patrick (Dvrtal) und meinem Kommentarkumpel Kai Naumann, der virtuos Gitarre spielt. Produziert wird das Ergebnis dann allerdings von mir alleine. Für den Soundtrack von DARK CIRCUS konnte ich vieles selbst einspielen.


TEARS OF EROS ist ein sehr eingängiges flächiges Album mit schönen Elementen des BM, Noise- & Dronesounds und des Post-Rocks. Was hat deine Arbeit beeinflusst?

Ich teile mit Julia Ostertag die Freude an finsteren Musikgenres – von Gothic über Blackmetal bis Dark Ambient. Von daher war es mir immer wichtig zu wissen, was sie selbst während der Postproduktion hörte – daran orientierte ich mich. Für mich sind Bands wie Wardruna, Dead Can Dance, Lustmord, aber auch Godspeed You Black Emperor oder Chelsea Wolfe von großer Bedeutung. Zudem hörte ich meine eigenen älteren Alben neu und war überrascht über Sounds, an die ich kaum erinnerte. Auf Bandcamp (http://vortexdrone.bandcamp.com/) kann man auch in meine früheren Arebiten reinhören. 


Erst kürzlich wurde euer Album MOLOCH veröffentlicht. Mit TEARS OF EROS liegt nun ein weiteres Release von VORTEX vor. Anfang 2016 warst du noch vermehrt mit deinem anderen musikalischen Projekt MARS in Deutschland und England unterwegs. Wo liegen deine musikalischen Ziele 2017 und was wären Träume für zukünftige Projekte?

Während mich Vortex als sehr persönliches Projekt seit 2007 begleitet, ist MARS eine Band, mit der wir ausschließlich Songs schreiben. Das ist also durchaus unterschiedlich, auch was die Livepräsentation angeht. Mit Vortex ist das sehr rituell und atmosphärisch, mit MARS dagegen durchaus rockig. Wir treten dort auf, wo man uns einlädt, nächstes Jahr im März in Athen und im September auf der 3. Cinefonie in Saarbrücken. Wie die letzten Jahre arbeite ich ständig an neuem Material, schreibe Songs und entwickle Konzepte für neue Alben. Mit Vortex wird es 2017 den Abschluss der mythischen Trilogie geben, die mit ‚Kali Yuga‘ und ‚Moloch‘ (beide auf Cyclic Law) begann. Mit MARS veröffentlichen wir das Album ‚The Seeker‘, das die endlose spirituelle Suche behandelt. In beide Projekt fließen ähnliche Einflüsse ein, auch wenn das Ergebnis durchaus verschieden sein wird. Darkness rules!


Ich danke dir vielmals, für das nette Gespräch.


Es war mir eine Freude.



TEARS OF EROS ist bei Bandcamp zum Download verfügbar. Reinhören lohnt sich!


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